Himmelsglobus von Prof. Dr. A. Krause
Leipzig wohl 1920er/1930er Jahre
Aufschrift: "Räth‘s / Himmelsglobus / von / Prof. Dr. A. Krause / Zeichn. u. Lith.: W. Neuhaus / Herstellung u. Verlag / Paul Räth / Lehrmittelwerkstätten / LEIPZIG"
12 gedruckte Papiersegmente auf Papiermachékugel, kaschiert, Halbmeridianring aus Metall, gedrechselter Holzfuß
⌀ Globus 33,1 cm, H ca. 64 cm
Inv.Nr.: V34H




Arthur Julius Krause (Leipzig 29.01.1882 – 30.10.1972) unterrichtet als Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik an der Nikolaischule Leipzig. Von 1905 bis Februar 1907 ist er daneben Assistent an der Königlichen Universitätssternwarte von Leipzig. Für den Räthgloben 1917 Verlag entwirft er viele Globen.
Der Räthgloben 1917 Verlag, einer der ältesten Globushersteller Deutschlands, wird 1917 von Paul Räth (1881 – 1929) gegründet, zunächst als Buchvertrieb und Lehrmittelwerkstatt. Seit den 1920er Jahren stellt er auch Globen her. 1972 wird der Verlag verstaatlicht und firmiert bis zu seiner Privatisierung 1992 als VEB Räthgloben-Verlag.
Globen wie dieser Himmelsglobus mit den dekorativ dargestellten Sternenpositionen werden in Handarbeit gefertigt. Dabei werden zwölf eliptische Segmente aus bedrucktem, reissfestem Papier sorgfältig mit einer speziellen Klebermischung auf der Trägerkugel kaschiert. Nach dem Trocknen wird ein wasserlöslicher Lack aufgetragen, der den Kugeln Schutz und einen repräsentativen Glanz verleiht.
Die Geschichte derartiger Himmelsgloben reicht weit zurück. Der um 1300 von Muhammad ibn Mu'ayyad al-Urdi in Marâgha (Iran) in Messing gefertigte und 1562 für die Dresdner Kunstkammer von Kurfürst August von Sachsen erworbene Himmelsglobus gehört z.B. zu den sechs ältesten islamischen Globen der Welt. Er zeigt die 48 Sternbilder nach dem damals geltenden Weltsystem des Claudius Ptolemäus, das die Erde im Zentrum der sie umgebenden Sphären für Planeten und Sterne denkt.
In Europa setzt die Wiederbelebung antiken Wissens im späten Mittelalter ein. Süddeutschland und seit der Renaissance die Niederlande entwickeln sich zu Zentren der Globenherstellung, so z.B. die Werkstatt Gerhard Mercator in Löwen oder Werkstatt Willem Janszoon Blaeu in Amsterdam. © Deutsches Museum / Christian Ferstl, CC BY-SA 4.0 Bereits die ältesten Globen wie auch derjenige des schwäbischen Pfarrers und Kosmografen Johannes Schöffler aus Justingen von 1493 erfüllen didaktische und wissenschaftliche Zwecke. Anders als heute verbindet die Wissenschaft der frühen Neuzeit noch Astronomie und Astrologie. Die Globen zeigen den von der Erde aus sichtbaren Sternenhimmel. Da der Betrachter im Zentrum der Kugel gedacht wird, werden die figürlichen Sternbilder, zu denen die einzelnen Sterne zusammengefasst sind, bei Schöffler als Rückenfiguren dargestellt. Auch bei Prof. Krauses Himmelsglobus ist die Erde der Bezugspunkt, doch längst sind die Sternenbilder als Frontalfiguren dargestellt. Wie bereits bei den ältesten Globen werden die Sterne nach ihrer Helligkeit in unterschiedlichen Größen wiedergegeben.



Mit genaueren Beobachtungsmöglichkeiten und astronomischen Studien – wie etwa den jahrzehntelangen Beobachtungen des dänischen Astronomen Tycho Brahe – werden neue Grundlagen für die Darstellung von Sternenpositionen und Anzahl von Sternen geschaffen.
Der wissensdurstige Praktiker beginnt 1562 als Leipziger Jurastudent mit seinen Beobachtungen. In der Messestadt erwirbt er astronomische Literatur, erste kleinere Instrumente und einen Himmelsglobus. Zuletzt hält er seine Beobachtungen als kaiserlicher Hofmathematiker in Prag in seinem Sternenkatalog (= Rudolfinische Tafeln) um 1600 fest.
Bei den z.B. zu schulischen Lehrzwecken eingesetzten Himmelsgloben vom Anfang des 20. Jahrhunderts, oftmals zusammen mit Erdgloben hergestellt, stehen nun die Sterne und die astronomische Bildung im Vordergrund. Der astrologische Gehalt spielt keine Rolle mehr. Vielfach wird bereits auf die figürlichen Sternbilder verzichtet, wie z.B. bei Dietrich Reimers Himmelsglobus, bearbeitet von Robert Henseling (Berlin um 1920). Unser Himmelsglobus ist im Vergleich dazu noch repräsentativ gestaltet, jedoch verfügt er über keine weitere Armierung, wie etwa einen Kompass oder Horizontalring, so dass er nicht als astronomisches Arbeitsinstrument eingesetzt werden kann. Ob es sich bei ihm um ein Lehrmittel aus dem Wurzener Gymnasium handelt, lässt sich anhand der Museumsakten nicht verifizieren.
Danke für den Austausch mit der Räthgloben 1917 Verlags GmbH und Dr. Marius Mutz, Kurator am Mathematisch-Physikalischen Salon der Sächsischen Kunstsammlungen Dresden.