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"Unter einem Dach" - Das Kulturhistorische Museum Wurzen Vortrag

So, 14.04.2019, 15:00 - 16:00 Uhr
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Vortrag von Raymund Töpfer und Annette Grundmann zur Historie des Hauses Domgasse 2

Unter einem Dach - Das Kulturhistorische Museum, Domgasse 2

Um 1565 konzipiert, ist das Anwesen eines der schönsten, profanen Renaissancegebäude des bischöflichen Residenzstädtchens Wurzen.

Im Dreißigjährigen Krieg werden auch die Bewohner des Hauses in der Kreuz- und Marterwoche 1637 drangsaliert und das Gebäude selbst wird durch den verheerenden Stadtbrand stark beschädigt.

Das Haus dient über die Jahrzehnte hinweg großbürgerlichen Kaufmannsfamilien als Wohnsitz.

So kommt es 1666 in den Besitz von Paulus Andreas Vockel. Seine Ein- und Umbauten bis 1668 prägen das Haus bis heute. Die innengelagerte und in ihren ältesten Teilen 350 Jahre alte Wendeltreppe aus Eiche führt noch heute bis in die 2. Etage. Zeitweise werden auch Räume im Hause als Sitz von Stifts- bzw. kursächsischen Beamten genutzt. Der Arkadenhof dient allerdings damals der Kleinviehhaltung und als Abort.

Der gebürtige Wurzener Carl Gottlieb Sommer erwirbt 1789 mit 32 Jahren das Anwesen. Er ist Großkaufmann und Rauchwarenhändler, der die Nähe zur Messestadt Leipzig nutzt und am Brühl bis 1813 prächtige Geschäfte betreibt.

In der Zeit der Völkerschlacht 1813 wird der Kaufmann und Syndikus der Stadt - nicht immer freiwillig - zu einem wichtigen Gastgeber gekrönter Häupter in Wurzen.

So beherbergt er im Juni 1813 den französischen Commandanten von Sarit mit Gefolge und richtet ihm sogar seinen Geburtstag aus.Er bewirtet den Grafen von Wittgenstein und ist Gastgeber des russischen Generals Knerring mit „seiner ungeheuren Suite“. Ebenso muss er für den kaiserlich-russischen General der Infanterie Eugen von Württemberg sorgen. Und er ist Wirt für Kaiser Napoleon, der vom 8. auf den 9. Oktober 1813 in der 2. Etage nächtigt. Tags darauf folgen der Sächsische König Friedrich August I. und dessen Gemahlin und Tochter. Auch der General-Gouverneur Fürst Grigorjewitsch Repnin-Wolkonski nächtigt bei Carl Gottlieb Sommer. 

Nach Napoleons Niederlage plündern umherstreifende Kosaken Sommers gesamtes Pelzlager. Zusätzlich zu den immensen Kosten der Einquartierungen ist das ein Schlag, der den Kaufmann schließlich 1825 in die Insolvenz treibt. Das Anwesen wird versteigert, und Sommer zieht 68 jährig mit seiner Familie nach Dresden.

Die Patrizierfamilie Adam von Lossow gehört zwischen 1849 und 1880 zur letzten großbürgerlichen Familie, die das Anwesen bewirtschaftet. Adam von Lossow wirkt darüber hinaus als Senator und Ratsherr in Wurzen. Er verkauft an Holm von Lossow in Dresden.

Danach setzt eine wechselvolle Geschichte des Hauses ein: So zieht eine Buchhandlung ins Erdgeschoss ein, danach die Verkaufsstelle einer Molkerei.

1920 erwirbt der Wurzener Tischlermeister Hermann Richter das Anwesen und nutzt es als Geschäftshaus und Möbellager. Seit dieser Zeit gibt es  auch Einmietungen. Um 1940 sind 14 Personen als Mieter verzeichnet. Nach einer Obst- und Gemüsehandlung wird im Hause eine Wild- und Geflügelhandlung etabliert.

1941 erwirbt die Hermann-Ilgen-Stiftung das Anwesen mit der Absicht, ein Museum für die eigene Sammlung zu installieren. Der Ausbruch des 2. Weltkriegs vereitelt allerdings diese Pläne.

1946 erwirbt die Stadt Wurzen das Gebäude mit dem Ziel, den Museumsplan umzusetzen. Es folgen erste Sanierungs- und Umbauarbeiten. Am 2. Mai 1948 öffnet das Museum als eines der ersten in Sachsen wieder für Besucher. Kurt Bergt ist der erste Direktor, ihm sollten bis heute neun weitere folgen.

In Folge der Kreisreform 1952 wird der Rat des Kreises Eigentümer und das Museum zum Kreismuseum. 1982 beginnen erneut Sanierungsarbeiten, die sich mit Unterbrechungen bis 1993 hinziehen. Der Sammlungsbestand erleidet Verluste.

Als 1993 der Kreis das Museum aufgeben will, folgt der Stadtrat dem Vorschlag von Bürgermeister Pausch und Amtsleiter Töpfer und fasst den Beschluss, das Museum wieder in eigene Verantwortung zu übernehmen. Es beginnt eine grundhafte und denkmalgestützte Sanierung. Von 1995 bis 1998 muss dazu die komplette Sammlung ausgelagert werden.

1998 kehrt der Sammlungsbestand zurück und die ständige Sammlungspräsentation des Kulturhistorischen Museums wird auf 3 Ebenen in 17 Räumen mit 10 Themenschwerpunkten präsentiert.

2018 wird das Kontor neu gestaltet. Im repräsentativen Veranstaltungsraum des Museums befinden sich ein Stadtwappen aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts sowie die Sandsteinskulptur von Josef Fröhlich, dem kursächsischen Mühlenkommissarius und letzten Taschenspieler und Spaßmacher am Hofe August des Starken.

Der Arkadenhof dient heute mit seiner hervorragenden Akustik kulturellen Veranstaltungen.

Rubrik
Kurs und Vortrag

Veranstaltungsort
Kontor im Museum Wurzen
Domgasse 2
04808 Wurzen
Veranstalter
Kulturhistorisches Museum mit Ringelnatz-Sammlung
Domgasse 2
04808 Wurzen
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